Permakultur – eine Weltansicht

Die Permakultur erhält von wissenschaftlicher Seite zunehmend Aufmerksamkeit.

Der folgende Text ist ein Ausschnitt aus der Masterarbeit von Mila Laager mit dem Titel „Handlungsoptionen zur Förderung der Permakultur in der Schweizer Landwirtschaft – eine transdisziplinäre Analyse“ (Geographisches Institut der Universität Bern).


Weltansicht

von Mila Laager

Im Jahr 2014 schreiben Rafter Sass Ferguson und Sarah Taylor Lovell, dass die Permakultur eine agrarökologische Bewegung sei, die trotz grossem öffentlichen Interesse und Projekten in über 120 Ländern, wenig wissenschaftlich untersucht wurde (Ferguson und Lovell 2014). 2018 macht Kevin Morel noch immer die gleiche Aussage, wobei er auch schreibt, dass er bei Hochschulen ein steigendes Interesse beobachtet und alleine im Jahr 2017 feststellen konnte, dass die akademischen Publikationen zu Permakultur schnell zunehmen (Morel et al. 2019).

Permakultur-Definition

Eine Analyse der englischsprachigen Literatur zeigt, dass der Begriff Permakultur genutzt wird, um (a) eine internationale und regionale Bewegung, (b) ein Designsystem, (c) eine Weltansicht (engl. Worldview) sowie (d) eine Sammlung von Methoden zu beschreiben (Ferguson und Lovell 2014). Diese stratifizierte Definition der Permakultur lehnen Ferguson und Lovell an Wezels Forschungen zur Agrarökologie an. Er identifiziert die Agrarökologie als Wissenschaftliche Disziplin, soziale Bewegung und eine Sammlung landwirtschaftlicher Praktiken (Wezel et al. 2009).

Die Weltansicht (engl. Worldview), die der Permakulturbewegung zugeschrieben wird, beinhaltet insbesondere eine Mensch-Umwelt-Theorie, nach welcher Menschen als Ökosystemmanager*innen ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen und gleichzeitig einen positiven Einfluss auf ihre natürliche Umwelt haben können (Morel et al. 2019). Diese Ansicht unterscheidet sich grundlegend vom Paradigma wachstumsorientierter Entwicklung und der Perspektive des Umweltschutzes, welche die menschliche Bedürfnisdeckung grundsätzlich als unvereinbar mit der Aufwertung natürlicher Ökosysteme betrachten (Ferguson und Lovell 2015).

Das Design-System bezieht sich auf ökologische Systemanalysetechniken, die genutzt werden, um Standorte zu analysieren und basierend auf den Beobachtungen naturnahe Systeme zu entwickeln, welche die gewünschten Ziele möglichst energieeffizient erreichen (Morel et al. 2019; Bell 2006; Mollison 1988; Mollison und Holmgren 1978). An dieser Stelle wird auch die Sammlung von Methoden (engl. Best Practices Framework) beigezogen, da erst eine Kenntnis dieser Methoden das Designen (= Gestalten) eines standortspezifisch optimierten Systems ermöglichen (Mollison 2012; Bell 2006; Mollison 1988; Mollison und Holmgren 1978).

Diese Zusammenhänge stellen Ferguson und Lovell graphisch folgendermassen dar (Ferguson und Lovell 2014):

Der Weltansicht ordnen sie drei Umschreibungen zu. Zum einen die einfachen Lösungen für komplexe Probleme, die vertreten werden, dann die Sicht des Menschen als Ökosystemmanager und als Drittes die Überzeugung, dass individuelle Aktionen und Freiwilligkeit grosse Veränderungen bewirken können. Die Methoden zur Nachahmung der natürlichen Ökosysteme und Optimierung der produktiven Systeme fokussieren nach Ferguson und Lovell auf mehrjährige Kulturen, ein umfassendes Wassermanagement und den Anbau von konventionell wenig genutzten Kulturen. Das Design-System beruht auf ökologischen Gestaltungsprinzipien und räumlichen Strategien, mit deren Hilfe verschiedene Zonen identifiziert werden. Betont wird hierbei, dass die Gestaltungen sehr standortspezifisch sind, Synergien zwischen den verschiedenen Elementen geschaffen werden sollen und eine bewusste Verortung der einzelnen Landnutzungen essentiell ist.

In der Darstellung ist sehr gut ersichtlich, dass die Weltansicht, die Methodensammlung sowie das Designsystem durch die internationale und regionale Bewegung verbreitet werden. Die Existenz von mindestens drei Schweizer Vereinen, die sich explizit mit der Permakultur befassen, das Angebot von Kursen zum Thema Permakultur, die Auflistungen von Permakultur‑Projekten auf den Vereinswebsites und kostenpflichtige Permakultur-Planungs- und Beratungsangebote deuten darauf hin, dass in der Schweiz durchaus Aktivitäten im Zusammenhang mit der Permakultur stattfinden (Alpine Permakultur; Balmeggberg; down-to-earth; Permakultur Beratung; Verein Permakultur Schweiz Seit 1991; Verein Permakultur Landwirtschaft Seit 2015). Untersuchungen dazu, wie der Begriff Permakultur in der Schweiz definiert und genutzt wird, gibt es nach dem Wissensstand der Autorin bisher keine.

Agrarökologie: Permakultur für eine nachhaltige Nahrungsmittelproduktion

Die Potenziale der Ansätze rund um den Begriff Permakultur in Bezug auf eine ressourcenschonende Landwirtschaft lassen sich aus der agrarökologischen Forschung ableiten und werden von mehreren Autor*innen in diesem Zusammenhang als erfolgversprechende Möglichkeiten für eine nachhaltigere Ressourcennutzung beschrieben. So findet sich der Begriff Permakultur auch in mehreren Texten, die sich aus agrarökologischer und soziologischer Sicht mit nachhaltigen Landbearbeitungssystemen und deren Voraussetzungen befassen. Hier werden Anbaumethoden besprochen, welche auf die Kreisläufe der Natur abgestimmt sind, wenig oder keinen Pestizideinsatz erfordern, Mechanisierung nicht generell ablehnen aber zielgerichtet einsetzen, um möglichst wenig fossile Ressourcen zu nutzen und Bodenverdichtung zu verhindern, Mischkulturen und eine hohe Biodiversität beinhalten und kleinräumig, angepasst an die jeweilige Situation implementiert werden (Fargione et al. 2018; Henfrey und Penha-Lopes 2016; Jäggi 2018; Ferguson und Lovell 2014; Morel et al. 2019). Neben diesen mehrheitlich ökologischen Aspekten der landwirtschaftlichen Produktion, werden auch soziale und ökonomische Zusammenhänge diskutiert. Gesamthaft wird die Permakultur oder Agrarökologie oft in einem Kontrast zur aktuellen, globalen, industriellen und durch Grosskonzerne kontrollierte Ernährungswirtschaft dargestellt (Jäggi 2018; Hathaway 2016; Altieri et al. 2012; Ferguson und Lovell 2014). So beinhalten die sozialen und ökonomischen Aspekte, welche angesprochen werden, regional vernetzte Kreislaufwirtschaften, gemeinschaftlich bewirtschaftete (Klein-)Betriebe, psychisch und physisch gesunde Menschen, höhere Einkommen in der Landwirtschaft durch geringere Investitionen und höhere Produktivität sowie angemessene Lebensmittelpreise, die den Landwirt*innen statt multinationalen Konzernen zugutekommen (Morel 2017; Hathaway 2016; Ferguson und Lovell 2017a, 2017b; Morel et al. 2016). Weiter wird auch das für die Gestaltung nach der Permakultur und Implementierung der genannten Aspekte notwendige Wissen, dessen Vermittlung und die soziale Bewegung als Akteur für eine Transition untersucht und als vielversprechend für eine nachhaltige Entwicklung eingestuft (Taylor Aiken 2017; Akhtar et al. 2016; Ingram et al. 2014).

Aus dieser Literatur und den thematisierten Aspekten, die auch die Schweiz betreffen, kann abgeleitet werden, dass die Permakultur in der Schweizer Landwirtschaft einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung und Lösungsfindung für die aktuellen Herausforderungen leisten kann. Forschung dazu, welche Potenziale die Ansätze der Permakultur haben und wie diese genutzt werden können, befasst sich deshalb mit einer wichtigen Wissenslücke. Dies insbesondere, da das Interesse am Thema zunimmt und eine der Schwächen der Permakulturbewegung die fehlenden wissenschaftlichen Beweise für ihre Lösungsansätze sind (Morel et al. 2019; Hathaway 2016).

Agrarökologische Forschung zu Permakultur

Die wissenschaftliche Literatur zur Permakultur wird bisher von wenigen Autor*innen dominiert. Die bereits erwähnte und vielzitierte englischsprachige Literaturanalyse von Rafter Sass Ferguson und Sarah Taylor Lovell im Jahr 2014 klärte insbesondere, in welchen Kontexten der Begriff Permakultur verwendet wird (Ferguson und Lovell 2014). Kevin Morel und Francois Léger haben in Frankreich die Flächenproduktivität einer Farm untersucht, die nach den Prinzipien der Permakultur und ohne Motorisierung wirtschaftet (Morel et al. 2016). Da die Ergebnisse darauf hinweisen, dass mit der angewandten Methode auf 1000 m2 und angemessenem Arbeitsaufwand ein Lebensunterhalt erwirtschaftet werden kann, hat diese Untersuchung viel Beachtung erhalten. Die Wissenschaftler*innen aus den USA und Frankreich arbeiten inzwischen auch zusammen und haben 2019 gemeinsam ein aufschlussreiches Paper zu Permakultur publiziert (Morel et al. 2019).

 


Wenn du dich dazu entscheidest, die Masterarbeit zu lesen, erfährst du was transdisziplinäre Forschung ist, welche Potentiale und Herausforderungen Expert*innen für die Permakultur in der Schweizer Landwirtschaft sehen, wo aus Ihrer Sicht noch Wissensbedarf besteht und welche Handlungsoptionen in der aktuellen Situation die Permakultur in der Schweizer Landwirtschaft fördern könnte.

Die Arbeit findet sich unter: https://www.permakultur.ch/index.php/projekte/medien/8-verein-permakultur-schweiz/107-wissenschaftliche-arbeiten

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