Laubheufütterung

Eine kurze Einführung über die Grundlagen der Laubheufütterung


Weide nach der Ernte und mit Neuaustrieb

Die Weide nach der Ernte ist ein idealer Rückzugsort für Insekten. Der Neuaustrieb erfolgt im nächsten Frühjahr.

Junge Weide, eineinhalb Jahre nach dem Rückschnitt

Junge Weide, eineinhalb Jahre nach dem Rückschnitt

Traktor beim Heckenschnitt

Traktor beim Heckenschnitt

Die Laubheuernte

Die Laubheuernte

Laubheureihen in einem Schlosspark

Laubheureihen in einem Schlosspark

Laubheureihen und alte Buche im Schlossgarten Weilburg

Laubheureihen und alte Buche im Schlossgarten Weilburg

von Johannes Sehl

Laubheufütterung – was bedeutet das eigentlich? Im Wesentlichen geht es darum, Gehölze zu beschneiden und das Schnittgut nach einer Lagerung (oder auch frisch) dem Vieh zu verfüttern. Nicht mehr und nicht weniger. Einer, der sich damit auskennt ist Michael Machatschek, den ich als Gastdozent am Dottenfelder Hof während meiner Ausbildung zur Fachkraft für Biologisch-Dynamischen Landbau erleben durfte und dessen Wissen mich inspiriert und begeistert hat. Er hat über die Jahre einen Schatz an »altem« Wissen in abgelegenen Bergregionen gesammelt, vieles ausprobiert, Artikel geschrieben und ein sehr umfangreiches zur Zeit aber leider vergriffenes Buch zum Thema veröffentlicht.

Laub und Reisig zu verfüttern ist eine Selbstverständlichkeit, die sich unsere Ahnen von der Natur abgeschaut haben und so in einen kulturellen Rahmen etablierten. Wir sind nur so modern geworden, dass das einst Selbstverständliche zu etwas Exotischem geworden zu sein scheint. Je nach Region galt das Beernten von Bäumen und Sträuchern, also die Nutzung durch Beschneiden, in Mitteleuropa noch bis in die 1950er Jahre als selbstverständlich. Gerade in Gebieten mit unregelmäßigen Wiesenheu-Erträgen, war die Ergänzung des Futters durch Laubheu ein wichtiges Standbein in der Viehhaltung. Die Bäume wurden in schlechten Zeiten, spätestens jedoch nach zwei bis drei Jahren beerntet, um geringe Wiesenheu-Ernten (zum Beispiel durch eine Sommerdürre) dann durch eine üppige Laubheu-Ernte ausgleichen zu können. Bäume reagieren auf Dürre oft erst im darauffolgenden Jahr und können, je nach Wurzelform, Wasser erschließen, an das die Kräuter und Gräser der Wiesen und Weiden nicht herankommen.

Auch in Gegenden mit guten Heuernten galt das Laubheufutter als wunderbare Ergänzung, da dem Vieh (Pferd, Rind, Schwein, Schaf, Ziege und Kaninchen) so, wichtige Nährstoffe (zum Beispiel Mineralien) zur Verfügung gestellt werden konnte. Das Laubheu galt als Dietätikum, also als heilsames Futtermittel für das Vieh. Es wurde sowohl frisch, als auch getrocknet verfüttert.

Die Nutzung der Gehölze in der Tierhaltung nahm zum Teil leider so sehr Überhand, dass die Gesundheit der Wälder Mitteleuropas in dramatischem Ausmaß bedroht war. Das führte dazu, dass die Nutzung der Wälder für die Viehernährung bis heute verboten wurde.

Heute sind wir so fortschrittlich, dass wir Wiesen mit Baumbesatz nicht mehr bearbeiten können. Wenn ein Landwirt mit seinem Mähwerk und beim Wenden, um einen Baum herumfahren muss, ist das ein Mehraufwand, ohne Ertrag. Der Baum scheint keinen Wert auf den Wiesen und Weiden zu haben, da er maschinell nicht zu beernten ist.

Der Ertrag von beernteten Gehölzen (auch »Luftwiesenwirtschaft« genannt) übersteigt selbstverständlich, durch die Nutzung des Raums in der Höhe, wie eine aufgerichtete Wiese, den Ertrag pro Fläche im Gegensatz zu reinen Wiesen und Weiden. Die Bäume wurden so »erzogen«, dass sie auf mehreren Ebenen (zwei bis vier Etagen) Ertrag lieferten. Die Äste wurden so angeordnet, dass sie gut zum Klettern genutzt werden konnten, um auch die oberen Äste »sicher, schnell und bequem« beernten zu können. Außerdem sollten alle Äste gut zur Sonne ausgerichtet sein und genug Licht und Luft zum Gras auf dem Boden durchlassen. Auch die Nutzungsformen des »Stockausschlags«, also das Beernten durch Rückschnitt bis auf den Boden, oder der Kopfschnittes, durch den Rückschnitt bis auf den Stamm, in bequemer Höhe, waren üblich. Selbstverständlich gab es auch unzählige Übergangsformen, zum Beispiel durch den Aufbau von kleineren Kronen.

Das Laub und das im Winter geerntete Reisig wurde des Weiteren als Einstreu in den Ställen verwendet, da der kompostierte Mist so an Qualität gewann. Das liegt daran, dass sich Laub und Holz relativ langsam zersetzt und damit zum einen die Nährstoffe nur langsam freigibt und zum anderen dem Boden langanhaltend eine langfaserige, stabilisierende Struktur verleiht.

Die Linde, die oft den Dorfkern darstellte, diente aufgrund der bitterstoffarmen Blätter, selbst im Spätsommer, bei Bedarf den Menschen als Nahrung. Als es modern wurde, die Tiere nur noch in großen Herden und im Stall zu halten, ging die Kultur der Laubheugewinnung fast gänzlich verloren. Doch durch die guten Eigenschaften des Futters und dem sich bildenden Bewusstseins, wie wichtig Gehölze in der Landschaft sind, kehrt die Laubheu-Kultur zurück in die Praxis.

 


Bei Rückmeldungen, Fragen und Anregungen zu dem Thema wendet euch bitte direkt an service@permakultur.bio.

Bereits erschienen im Permakultur Magazin, Ausgabe 2019 für Vereinsmitglieder. Hier kannst du Mitglied werden und dem Permakultur Institut e. V. beitreten. 

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